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Letzte Änderung:
17.04.2023, 16:29

...zur Interpretation des Thomas-Evangelium.

Alle Religionen berufen sich auf ein „Sein“, das über den Dingen und über dem Menschen steht. Leider wird übersehen, dass mit der Hinwendung zu einer Religion, Andersdenkende zwangsläufig schon am Rand stehen. Die eigene Religion wird zum Ideal, ihre Schriften zum „Wort Gottes“ erklärt und damit jeder Argumentation und Diskussion bewusst entzogen. Wer es nur ansatzweise wagt, an diesem Prinzip zu rühren, wurde und wird teilweise heute noch diffamiert, verfolgt, ausgestoßen und im Extremfall sogar getötet. Diesen „Religionswächtern“ gelingt es sogar ihre Missetaten gegenüber Mitmenschen als „gerechte Strafe Gottes“ darzustellen. Jesus wusste wovon er sprach, wenn er klar stellte: „An ihren Taten (Werken) werdet ihr sie erkennen.“ Wen? Die guten Willens sind, deutlicher gesagt, die seiner Lehre folgen und danach streben - den Nächsten zu lieben, wie sich selbst.

Im katholischen Theologiestudium wird den Lehranwärtern mit Inbrunst der angebliche Einsetzungsritus für das Priesteramt eingehämmert. Widersprüche in den Evangelien werden nicht besprochen. Welche heilsame Auseinandersetzung könnte entstehen, wenn die folgenden Worte aus den Evangelien gemeinsam durchdacht würden?

1. Noch heute wirst du mit mir im Paradiese sein.

2. Das Fleisch ist zu nichts nütze. Der Glaube ist, der lebendig macht.

3. Den Tempel zerstören und nach 3 Tagen wieder aufbauen.

4. Wenn ihr mich seht, dann seht ihr zugleich den Vater.

5. Wenn ich meinen Vater bitten würde ...

6. Ich bin der Gott der Lebenden, nicht der Toten.

7. Gott dienen, fordert die Einhaltung der Gebote.

8. Jesus fordert: Jeder soll Werden wie der Vater.

Diese kleine Themenauswahl verdeutlicht, Evolution muss auch am Geiste stattfinden. Der Weg zu den Menschenrechten ist ein Beispiel für die Entwicklung des menschlichen Geistes. Es kann den Menschen nicht weiter eingeredet werden, dass Bibel oder Koran von Gott geschrieben wurden. Geschrieben hat allein der Mensch, sicher in vielen Situationen inspiriert von göttlichem Geist. Wo der göttliche Geist nicht verstanden oder vom menschlichen Ego überlagert wurde, das muss die Menschheit noch erarbeiten. So versucht seit Jahrhunderten die Katholische Kirche - Beichte, Eucharistie und Agape, Jesus in den Mund zu legen, obwohl alles ausschließlich ideologisch aus eigenem Amtsverständnis gewachsen ist. Teilweise noch nach dem Vorbild alter Priesterreligionen, wie etwa der Ägypter, Römer, Griechen, Inkas und Majas. Im Vordergrund stand immer der eigene Herrschaftsanspruch. Hervorragend, wenn vermittelt werden konnte, dass Herrscher oder Priesterelite angeblich legitimiert seien Gottes Willen durchzusetzen. Im Falle der Katholischen Kirche, sollte man sich einmal folgendes Szenario nebeneinander vorstellen. Jesus wandert mit Glaubensbrüdern durch die Städte der Wüste und lehrt fast immer im Widerspruch zu den Gelehrten, Pharisäern oder Priestern seiner Zeit. Daneben eine sogenannte Pontifikal-Messe des Papstes auf dem Petersplatz zu Rom. Was für eine beeindruckende Schau! Nicht zu übertreffender Pomp zwischen in Stein gehauenen Monumenten. Warum wurde bei der Entwicklung des Christentums, das erste Gebot so sträflich vernachlässigt? Weshalb werden noch heute Reiche immer reicher und Arme immer ärmer? Wer sieht in seinem Gegenüber seinen Nächsten?

Der wahre Gott sagt von Anbeginn, dass der Mensch an seiner Schöpfung teilhaben soll. Lasst uns Menschen machen, diese Formulierung ruft das Geschöpf zur Mitgestaltung auf. Jesus sagt: Alle sollen so werden, wie der Vater. Jesus - das fleischgewordene Wort zeigt, wie oder was der Mensch sein könnte. Wir können annehmen, die Evolution des Fleisches ist abgeschlossen. Jesus gibt Ratschläge, wie der Mensch sich geistig entwickeln soll. Er soll in seinem Streben und Wirken, nach dem Ordnungsprinzip des Vaters handeln. Nur so ist gewährleistet, dass die Seele – das wahre Sein des Menschen – zum Ebenbild heranwächst. Wie maßgebend die Entwicklung seines Geistes für den Menschen ist, sagt Jesus mit seinen Worten: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet aber den, der sowohl Seele als Leib zu verderben mag.“ Unmissverständlich stellt Jesus klar, erste Priorität hat die Entwicklung der Seele. In ihr wird sich das wahre Bild des Menschen widerspiegeln. Eine Bestätigung dieser Theorie ist aus Vers 84 des Thomas-Evangeliums herauszulesen. Er lautet in etwa: „Heute, da ihr euer Ebenbild seht, freut ihr euch. Wenn ihr aber eure Bilder seht, die vor (von) euch geworden sind, – die sterben weder noch werden sie offenbar – wie viel werdet ihr ertragen?“ Wir kommen in die Welt, mit der Aufgabe „zu werden“. Jesus sagt das im Evangelium nach Matth. 5.48 und in Vers 42 des Thomas Evangelium. Alle sollen so werden wie der Vater, in seinem Geiste Wirken. Dieser Geist des Vaters war in Jesus so vollendet zugegen, dass er sagen konnte: „Wer mich sieht, sieht den Vater“. In wie weit, wir einmal sagen können: wir waren im Geist des Vaters tätig, wird am Abbild der Seele ablesbar sein. Wir wissen alle was zu tun ist. Das sagte uns Moses mit den Zehn Geboten und das sagt uns Jesus Christus, in der Zusammenfassung dieser Gebote, im Gebot der Nächstenliebe. Er warnt uns alle: „Wenn ich nicht gekommen wäre und hätte es ihnen gesagt, so hätten sie keine Sünde; nun aber können sie nichts vorwenden, ihre Sünde zu entschuldigen.“ (Joh.15.22)

Und noch eins hören wir unmissverständlich bei Jesus: „Das Fleisch nützt nichts, der Geist ist es, der lebendig macht.“ Die Juden hatten sich zu diesem Thema schon einmal entsetzt, weil sie ihn missverstanden hatten. Jesus betont darauf: „Die Worte die ich zu euch geredet habe, sind mein Fleisch und Blut“ und an anderer Stelle „Himmel und Erde mögen vergehen, aber keines meiner Worte“. Da Jesus weiß, dass auch die schönsten und wahrsten Worte verdreht und nach Gutdünken interpretiert werden können, gibt er den bekannten Ratschlag: „An ihren Werken, werdet ihr sie erkennen.“ Aus der geistigen Grundhaltung eines Menschen folgt sein Tun und daraus die individuelle Seele. Wir sehen auf der Erde, aus den Taten der Menschen welcher Geist sie antreibt. Dieses Tun prägt die Seele. Sie wird zeigen, ob sie für die Ewigkeit tauglich ist oder auf ihrem Entwicklungsweg verdorrt. Das Entspräche dem Werden in der Evolution und dem Glauben, dass der Gott den wir suchen, der Gott der Lebenden ist.

Es wird behauptet, seit Menschengedenken hat sich das Gottesbild ständig gewandelt. Das Bild Gottes? Wie soll das möglich sein, wenn es kein Bild gibt und es keines geben kann, so lange der Mensch leben will. Religionen haben sich ständig gewandelt bzw. das was den Menschen gepredigt und vorgegaukelt wird. Was den Menschen ausmacht, ist sein Glaube, an einen Gott - eine Kraft - die ihm sein Wesen schenkte. Die Suche nach seinem Sein und Ursprung ist im Menschen tief verwurzelt und wird ihn solange bewegen, bis er diese Wurzel erkennen kann. Und wenn wir, wie in vielen anderen Texten auf der Welt von unserer Wurzel sprechen, dann ist bereits gesagt, wo wir zu suchen haben. In uns! Sollte Gott tatsächlich als treibende Ursprungskraft in jedem Menschen und Geschöpf verborgen sein, dann wäre es eindeutig immer dieselbe Kraft, die nicht gesehen, aber erfahren werden kann. Gleichzeitig wäre es die Antwort auf eine bekannten Bibelvers: „Was ihr dem Geringsten eurer Brüder getan, das habt ihr mir getan.“ Das „Wort“, das in Jesus zu Fleisch geworden ist, hat uns eindringlich gezeigt, wie wir uns weiterentwickeln sollen. Jesus sagt, wenn ihr Gott dienen wollt: „Haltet die Gebote.“ Jeder muss für sich entscheiden, ob er Gottes Gesetz für ein Leben in Gemeinschaft annimmt oder eigene Wege sucht. Es steht geschrieben: „Wer an mich glaubt, wird ewig leben.“ An Jesus oder Gott zu glauben, bedeutet allerdings an sein Gesetz und sein Ordnungssystem nicht nur zu glauben, sondern auch danach zu leben. Wir wissen heute, dass wir leben und als Anhänger von Jesus hoffen wir, dass es auch noch nach dem Tod eine Wahrnehmung von Leben geben wird. Wie und wo, bleibt ein Mysterium. Ein Mysterium zu dem der Sohn sagen konnte: „Wer den Sohn sieht, sieht den Vater.“ Seine Menschwerdung und sein freiwilliger Tod am Kreuz, sind nichts anderes, als der unumstößliche Beweis seiner Liebe zu seinen Geschöpfen. Was als Evolution in der Materie beschrieben wird, findet seine Parallelität ihm Geiste. Wo der menschliche Geist, sich dem Geist des Schöpfers annähern soll. Von Jesus wurde nichts anderes gefordert, wenn er sagt: „So sollt nun ihr vollkommen sein, wie euer Vater.“ Solange nicht jeder Einzelne nach dieser Wurzel in sich sucht, kann er nicht fündig werden. Nur wer sucht, wird finden. Also mache sich jeder auf, zur Suche nach sich selbst.

Leider ist die Suche nicht so einfach, denn der Mensch findet im Netzwerk der Religionen, kein Umfeld, dass ihm behilflich ist, sondern das im Gegenteil ganz gezielt eigene Interessen verfolgt. Seit der Mensch glaubt und nach seinen Wurzeln sucht, wird von anderen versucht ihn zu beeinflussen und zu lenken. Glaube steht in engem Zusammenhang mit Glaubwürdigkeit. Wie glaubwürdig sind die Berichte unserer Vorfahren? Wenn wir erleben wie unterschiedlich über zeitgenössische Erfahrungen berichtet wird, dann können wir uns vorstellen, wie die geschichtliche Situation zu beurteilen ist. Die 4 bekannten kanonischen Evangelien zur Lehre Jesu, wurden nach heutiger Erkenntnis, zweifelsfrei von eingefleischten Religionslehrern zur Steuerung von Anhängern geschrieben und die waren vorwiegend Analphabeten. Zur Lehrzeit von Jesus dachte niemand an Aufschreibungen, denn das Reich war nahe und sollte sich erfüllen. Deshalb stand an erster Stelle - warten. Erst als die damaligen Zeitgenossen, langsam ahnten, dass es doch noch etwas dauern dürfte bis sich etwas erfüllt, wurde versucht die Worte Jesu zu rekapitulieren. Dies geschah in den seltensten Fällen von Augenzeugen oder Jüngern und leider nicht immer von unbefangenen Menschen. Eher zu oft von Religionsanhängern, die ihre Aufgabe darin sahen, eine Lehre zur Lenkung von Gesellschaften zu entwickeln. Es ist als ein Geschenk des Himmels anzusehen, wenn neben den bekannten vier kanonischen Evangelien im Jahre 1945 auf einmal zwischen umfangreichen Papyrusrollen das fast vollständige Thomas-Evangelium auftauchte. Diese Verse geben in etwa wieder, in welcher Form die Worte Jesu in mündlicher Überlieferung weitergetragen wurden. Es wird nirgends auf eine Bildung von Gemeinschaften abgezielt. Im Gegenteil im Vordergrund steht der einzelne Mensch, der sich nach den Ratschlägen von Jesus oder den „Zehn Geboten“ entwickeln soll. Es kann nicht verwundern, dass darin auf einmal Verse auftauchen, die völlig im Widerspruch zu einem hierarchisch geführten Gemeinschaftssystem stehen. Im Gegenteil, es sind alles Verse, die den Menschen zu aktiven Arbeit an sich selbst oder zur Hilfe am Mitmenschen aufrufen. Wenn die heutige apostolische Kirche nicht bereit ist, das Lehrgebäude ihrer Vordenker auf seine Glaubwürdigkeit abzuklopfen und Fehlentwicklungen zu regulieren, dann muss jeder Gläubige diese Arbeit für sich selbst vornehmen.

Für die heutige Interpretation der 112 Logien wurde bewusst eine Übersetzung gewählt (nach Johannes Leipoldt), die zeigt, dass alte Texte nicht immer eins zu eins übersetzt werden können. Manches in alten Texten, ist unleserlich, fehlte oder wurde aus anderen Quellen ergänzt. Es sind die üblichen Probleme von Überlieferungen, die in einem neuen schönen Buch, sogar in der Bibel den Eindruck erwecken, vor dem Leser läge ein lückenloser, authentischer Text aus alter Zeit. Selbst wenn alle Voraussetzungen gegeben wären, so steckt in allen Übersetzungen immer noch der Geist der jeweiligen Zeit. In den Interpretationen nach R.Chr.Schefczyk steckt nicht nur der Geist der Zeit, sondern der Denkansatz und Glaube, dass mit Jesus der Geist des Schöpfers in einem Menschen seinen Niederschlag fand, wie es in dieser Schöpfung kein zweites Mal geschehen dürfte. Es wird keinen zweiten Menschen geben, der von sich sagen dürfte: „Wer mich sieht, der sieht den Vater“. Der Autor dieser Zeilen ist im katholischen Milieu aufgewachsen und erzogen worden, hat davon gelernt und ist trotzdem maßlos enttäuscht, wie wenig sich von der wahren Lehre Jesu in den vergangenen Jahrtausenden durchsetzen konnte.